Blitzen im automatischen Modus
Früher musste man sich mit Tabellen, Leitzahlen und Belichtungsmessern herumschlagen. Moderne Digitalkameras und Systemblitzgeräte kommunizieren miteinander und machen die Kunstlichtfotografie einfacher wie nie zuvor. In diesem Artikel wird demonstriert, wie simpel dies geht.
Ich bin froh, dass ich damals mit rein manuell zu bedienenden Blitzgeräten und Kameras in das große Thema ›Kunstlichtfotografie‹ eingestiegen bin: Ich hatte keine Ahnung, wenig Geld aber viel Freude am Experimentieren, Vergleichen und Ausprobieren. Ich startete mit günstigen gebrauchten und manuellen Blitzgeräten, die ich mir via Ebay besorgte. Darunter saß (und sitzt auch heute häufig noch) eine analoge Kamera ohne Intelligenz.
Ein System-Blitzgerät befindet sich auf einer kompatiblen Digitalkamera: Jegliche Einstellungen und Messwerte werden dann an den Blitz weiter gegeben. Daraufhin kann dieser – ohne weiteres Zutun – die korrekte Lichtmenge abgeben. Er weiß Bescheid.
Automatisch blitzen heißt heute: TTL-Blitztechnik.
TTL: Through the Lens = Alles, was durch Linse und Kameraelektronik geht, wird auch dem Blitz „mitgeteilt“.
Dies funktioniert grob so:
Schema TTL-Blitzen
- An der Kamera kann irgendetwas eingestellt sein – beispielsweise der manuelle Modus oder sie befindet sich einfach im Autopiloten (z. B. im Modus »P«).
Hinweis: Ein ggf. vorhandener elektronischer Bildstabilisator am Objektiv sollte beim Blitzen möglichst deaktiviert sein.
- Das Blitzgerät bekommt jegliche Messwerte und Einstellungen mittels spezieller Kontakte am Blitzfuß übermittelt.
- Daraufhin gibt das Gerät einen kurzen Vorblitz ab, erfährt somit etwas von seiner Umgebung und stimmt daraufhin die richtige Lichtmenge für die finale Beleuchtung genau ab.
Vorblitz und eigentliche Lichtabgabe folgen aufeinander innerhalb eines Sekundenbruchteils.
Es wird hierbei auch alles vom TTL-Blitz berücksichtigt: Brennweite, ISO-Wert, Blende. Dies funktioniert aber nur, wenn Blitzgerät und Kamera kompatibel zueinander sind bzw. die selbe Sprache sprechen – Und diese Sprache heißt entweder i-TTL (bei Nikon), e-TTL (bei Canon), p-TTL (bei Pentax) usw. Dies ist also eine Art proprietäres »Kommunikations-Protokoll«.
Kompatibilität beachten
Betrachten wir uns die Pins des Blitzfußes:
Diese Anordnung weist – der Kenner erkennt es – auf einen Nikon-kompatiblen TTL-Blitz hin. Auf meiner alten Canon-Kompaktkamera lässt er sich zwar seltsamerweise auslösen. Aber jegliche Mess- und Konfigurationswerte werden dann nicht übertragen. Hier bleibt der Blitz dann dumm und müsste manuell geregelt werden:
Das Blitzgerät befindet sich im manuellen Modus »M«. Man muss hierbei unbedingt mittels Tipptasten oder Drehrad die Lichtleistung händisch anpassen bzw. „raten“. Auch den Lichtkegel des Zoomkopfes muss man manuell einstellen, falls gewünscht. | Das Blitzgerät befindet sich im automatischen Modus »TTL« (hier → „i-TTL“, weil es ein Nikon-System ist). Man muss an diesem gar nichts mehr einstellen, weil es jegliche Belichtungs- und Objektivinformationen von der Kamera übermittelt bekommt |
Es gibt auch TTL-Funkauslöser-Systeme. Dann kann man das Blitzgerät auch einfach irgendwo im Raum positionieren und es wird immer die (hoffentlich) korrekte Lichtmenge abgeben – Egal was man an der Kamera einstellt, egal in welche Richtung der Blitzkopf gedreht ist.
Exkurs für Interessierte: Der »Computerblitz« (Prä-TTL-Technik)
Früher konnte man aber auch schon automatisch blitzen. In den 1980er Jahren hieß die hierzu nötige Technik »Computerblitz«:
Solch ein Computerblitz besitzt vorn einen Sensor, welcher das vom Motiv reflektierte Licht misst und daraufhin wird veranlasst, dass die Lichtabgabe abrupt beendet wird – just wenn ein Soll-Wert erreicht wurde (ein Vorblitz ist hierbei nicht notwendig). Zuvor jedoch muss man am Blitzgerät einstellen, bei welcher ISO-Empfindlichkeit man fotografiert und bei welcher Blende. Derlei Voreinstellungen waren sehr verwirrend und entfallen bei der TTL-Blitztechnik, weil diese Werte hierbei automatisch an den Aufsteckblitz übertragen werden. Alte Computerblitze funktionieren übrigens weiterhin* auch auf allen Digitalkameras mit Standard-Blitzschuh bzw. Mittenpin, da hierbei ja keine Messinformationen ausgetauscht werden müssen.
* Obacht bei der Verwendung von alten „analogen“ Blitzgeräten auf sensiblen Digitalkameras → Stichwort »Zündspannung«.
Welchen Kamera-Betriebsmodus sollte ich beim automatischen TTL-Blitzen nutzen?
Wie bereits erwähnt: Befindet sich das Blitzgerät im TTL-Modus bzw. gleichzeitig auf einer kompatiblen Kamera, können an dieser theoretisch alle Motivprogramme bzw. alle Kamera-Modi genutzt werden:
Egal bei welcher Stellung: Das Blitzgerät wird immer versuchen, die richtige Lichtmenge zur korrekten Belichtung des Motivs zu liefern. Allerdings spielt hierbei eine Rolle, ob weiterhin ein ggf. vorhandenes Umgebungslicht mit berücksichtigt werden soll oder nicht:
Es ist dunkel (beispielsweise in Räumen)
Innerhalb von Räumen ist es selbst am Tag häufig so dunkel, dass das vorhandene schwache Fensterlicht kaum noch für das Fotografieren relevant sein wird – sofern man ein Blitzgerät sein Eigen nennt, versteht sich.
Bei diesem Porträt war nur das Blitzlicht für die Beleuchtung relevant. Das Fensterlicht spielte keine Rolle.
(Hier wurde der Blitzkopf auf die Decke gerichtet für ein weiches Licht.)
Mein ›Rezept‹ hierbei:
- Kameramodus: M
(manueller Modus)
- ISO-Wert: 200
bei Gruppenfotos sicherheitshalber ISO 400
- Blende: 5.6
Oder eine andere – je nachdem welche Schärfentiefe man wünscht. Die Blende aber nicht zu sehr schließen, da die Leistung des Blitzgerätes ja begrenzt ist.
- Belichtungszeit (Verschlusszeit): 1/200 S.
bzw. die s. g. »Blitz-Synchronzeit«
Was ist die Blitz-Synchronzeit?
Die Blitzsynchronzeit ist die schnellste Belichtungszeit der Kamera, bei welcher sie das ultrakurze Licht des Blitzgerätes noch gescheit einfangen kann. Im Zweifel sollte diese eingestellt werden – aber (in diesem Fall) keine schnellere. Man findet diesen Wert in der Bedienungsanleitung der eigenen Kamera und zwar meist in der Tabelle der technischen Daten unter ›Verschluss‹:
Die meisten modernen Kameras besitzen eine Synchronzeit von 1/250 Sekunde. Ich gehe sicherheitshalber etwas darunter.
Diese Einstellungen sind auch für das Fotografieren mit Blitz am Abend oder bei Nacht im Freien relevant. Innerhalb von Räumen (mit einer weißen Decke bzw. mit weißen Wänden) kann man den Blitzkopf hierbei auch zur Seite drehen bzw. indirekt Blitzen – für ein sehr weiches Licht: Die nötige Lichtmenge wird auch hierbei korrekt von der Automatik berechnet.
Außerhalb von Räumen sollte man den Blitzkopf nicht nach oben richten: Das Licht würde dann ins All gehen – aber nicht das Motiv treffen.
Es ist hell (Das Blitzlicht soll unterstützend wirken)
Vielleicht haben Sie sich schon einmal gefragt, warum manche Fotografen am hellen Tag ein Blitzgerät auf der Kamera nutzen. Dies wirkt natürlich imposant. Tatsächlich hat dies auch einen nützlichen Sinn: Es geht hierbei um das Aufhellen von Schatten oder um das Akzentuieren des Vordergrundes mittels etwas zusätzlichem (harten) Licht von vorn.
Mein ›Rezept‹ hierbei:
- Kameramodus: A
Zeitautomatik bei manueller Blendenvorwahl, auch als »AV« bezeichnet
- ISO-Wert: 200
bei Gruppenfotos sicherheitshalber ISO 400
- Blende: 2.8
Oder eine andere – je nachdem welche Schärfentiefe man wünscht. Die Blende aber nicht zu sehr schließen, da die Leistung des Blitzgerätes ja begrenzt ist.
Hinweis greller Sonnenschein
Um bei grellem Sonnenschein bei geöffneter Blende Blitzen zu können (sehr kurze Belichtungszeit hierbei) müssen Kamera + Blitz das s. g. »HSS« (Kurzzeitsynchronisierung) beherrschen. Ansonsten benötigt man einen Graufilter vor dem Objektiv, damit man wieder auf die für die Kamera gültige Blitz-Synchronzeit (s. o.) kommt. - Belichtungszeit (Verschlusszeit): –
Entfällt: Da ich hier ja den Kamera-Modus Zeitautomatik »A« nutze, wählt die Kamera die Belichtungszeit je nach Umgebungshelligkeit selber aus.
- Blitzkorrektur: -2 EV
Die Leistung des Blitzgerätes wird pauschal reduziert, da ja das Umgebungslicht weiterhin die dominierende Lichtquelle sein soll.
Wie stelle ich die Blitzkorrektur ein?
Es ist durchaus gängige Praxis, dass man die automatisch errechnete Blitzleistung global etwas reduziert (oder erhöht):
Dieser semi-manuelle Eingriff ist insbesondere beim Aufhellblitzen relevant: Mittels der Blitzkorrektur kann pauschal gebremst werden: So kann das zunächst errechnete Blitzlicht etwas in seiner Intensität reduziert werden, damit das Umgebungslicht weiterhin für die Beleuchtung des Motivs Vorrang hat. Der Blitz ist dann das Salz in der Suppe. Dies ist jedoch nicht sinnvoll, wenn das Blitzgerät die alleinige Lichtquelle sein soll (beispielsweise innerhalb von Räumen).
Direkt am Blitzgerät kann man häufig eine Korrektur vornehmen: Obwohl es sich im TTL-Modus befindet, wird es (in diesem Fall) stets ein um -2 EV gebremstes Licht abgeben.
Insbesondere der erwähnte Korrekturwert ist nicht in Stein gemeißelt: Jede Kameraelektronik verhält sich hier beim ›Mischen‹ von Blitz- und Umgebungslicht etwas anders. Manchmal muss man gleichzeitig auch die reguläre Belichtungskorrektur für das Umgebungslicht etwas im Wert verändern (z. B. +1 EV).
Hinweis: Nach dem Fotografieren nicht vergessen, ggf. vorgenommene Korrekturwerte wieder auf Null zu setzen.
Meine Praxis
Wenn ich außerhalb von Räumen bei Tag Menschen fotografiere, nutze ich immer den TTL-Auto-Modus meines Blitzgerätes – häufig mit einer negativen Korrektur um -3 EV. Idealerweise nutzt man hierbei das natürliche Umgebungslicht als Hauptlichtquelle, der Blitz sorgt dann für den nötigen Pfiff oder fungiert als Aufhell- bzw. Füll-Licht:
normale Belichtung (Kameramodus »A«) + TTL-Blitz bei -2 EV
Als Messmethode für das Umgebungslicht stelle ich an der Kamera die Mehrfeldmessung ein. Falls die sich hierdurch ergebende Balance zwischen Umgebungslicht und Kunstlicht nicht zu Ihrer Bildvorstellung passt, probieren Sie die Mittenbetonte Messung aus. Dies hängt unter anderem auch von der Eigenhelligkeit des Vordergrundes ab und vom Stand der Sonne.
Fotografieren mit dem Nikon-Blitzsystem: Das Nikon CLS in der Praxis | Fotografieren mit den Canon Speedlites: Die Canon Speedlites in der Praxis – Blitzen verstehen und beherrschen, auch für Canon-kompatible Blitzgeräte |
Für Nikon: Professionell Blitzen mit dem Nikon i-TTL System. In diesem Buch wird ganz speziell auf das Nikon-eigene i-TTL und "Creative Lighting System" eingegangen sowie auf die Basics von Licht, auf Lichtführung und professionelle Anwendungsfälle. | Für Canon: Dieses Buch richtet sich speziell an Canon EOS Anwänder. Es wird ganz speziell auf das Canon-eigene E-TTL eingegangen anhand von vielen Praxistipps nebst Einstellungen des Blitzgerätes und der Kamera. |
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Wenn ich jedoch statische Motive fotografieren möchte und entsprechend viel Zeit dazu habe, wähle ich immer den manuellen Modus am Blitzgerät aus:
Für derlei Tabletop-Aufnahmen (und jegliche Studioaufnahmen) eignet sich der automatische TTL-Modus beim Blitzen überhaupt nicht: Hier sollte man die Lichtintensität genau im Griff haben. Ein klarer Fall für das gute alte manuelle Blitzen.